Marie Cordier
geb. Girard
geb. 16. Oktober 1923 in Sceaux (bei Paris),
gest. 2. April 1999
23. August 1944 – 29. April 1945 in Ravensbrück
„MEINE MUTTER WAR ANSPRUCHSVOLL, KÄMPFTE GEGEN UNGERECHTIGKEIT, WAR GROSSZÜGIG, ÜBERZEUGTE GAULLISTIN, LIEBTE IHRE FAMILIE, IHRE ENKEL, MOCHTE BLUMEN UND WAR EINE SEHR GUTE KÖCHIN.“
Ende 1942, als die Deutschen Frankreich besetzten, beschloss meine Mutter mit ihren 19 Jahren, sich dem Widerstandsnetz (Centurie und l’Organisation Civile et Militaire des Jeunes) als Kurierin anzuschließen: Vorräte schicken, Hilfe für Aufständische, politische Gefangene und ihre Familien, Suche von Vermissten. Am 31. Juli 1944 wurde sie von einem der Mitglieder des Netzwerkes verraten, von der Gestapo festgenommen, gefoltert und am 15. August 1944 aus Pantin mit dem letzten Zug, der Deportierte aus der Gegend von Paris wegschaffte, fortgebracht. Es gelang ihr, bei der Abfahrt Richtung Deutschland einen Zettel aus dem Zug zu werfen, den dann ein Unbekannter fand und ihrer Mutter in die Straße Pierre Nicole in Paris brachte.
„Geliebte Eltern, mein Zustand ist noch relativ gut und ich habe eine einzige Liebe, die Liebe zu meinem Frankreich und zu denjenigen, die aus mir eine gute Französin gemacht haben. Danke, danke, ich liebe Euch. Ich danke meinem Krankenpfleger: ich habe ihm teilweise das zurückgegeben, was er für mich Gutes getan hat. Ich liebe Euch, habt Vertrauen, ich bin bald bei Euch, vertraut mir und glaubt mir. Maryton“ (ihr Kosename in der Familie)
23. August 1944, Ankunft in Ravensbrück: alle 57000er Nummern. Dann im September nach Torgau. Sie weigerte sich aber, für die Deutschen zu arbeiten. Deshalb wurde sie in das Straflager in Königsberg an der Oder verlegt und bekam Typhus. Dann schickten sie sie am 20. November nach Ravensbrück zurück.
Am 29. April 1945 vom Schwedischen Roten Kreuz befreit, litt sie unter Vitaminmangel, einer Rippenfellentzündung und einem umfangreichen Ödem. Zuerst kurierte sie sich in Schweden aus und kehrte am 10. Juli 1945 nach Frankreich zurück. Als im November die Rippenfellentzündung wiederkehrte, kam sie in ein Sanatorium im Departement Haute-Savoie. 1947 heiratete sie Bernard Cordier und hatte drei Kinder und acht Enkelkinder.
Meine Mutter ist nie nach Ravensbrück zurückgekehrt und hat ihre Kinder nie zum Hass gegen die Deutschen erzogen.
Anne Cordier
Frankreich
Tochter von Marie Cordier